Nicht-Opioid-Analgetika

Nichtsteroidale antiphlogistische Arzneimittel (NSAR)

kardiovaskuläres Risiko
Alle NSAR verdoppeln das Risiko für eine klinisch manifeste Herzinsuffizienz. Das kardiovaskuläre Risiko ist unter Diclofenac und den Coxiben signifikant erhöht, unter Ibuprofen erst in der Hochdosierung ab 2.400 mg/Tag gering und unter Naproxen nicht erhöht. Die Gesamtmortalität ist nur unter Coxiben erhöht.
Laut Fachinformation Coxibe-haltiger Fertigarzneimittel sollen diese bei Patienten über 65 Jahren daher nur bei strenger Indikationsstellung und mit besonderer Vorsicht wegen der im Alter allgemein erhöhten kardiovaskulären Risiken angewendet werden. Coxibe sind bei allen kardiovaskulären Risikopatienten (koronare Herzkrankheit, Schlaganfall, schwere Hypertonie, periphere arterielle Durchblutungsstörungen) auf Grund des pharmakologischen Risikopotenzials und der zahlreichen klinischen Risikodaten kontraindiziert.
Zudem ist die Anwendung von Coxiben zeitlich zu begrenzen. Die in Studien analysierten Behandlungszeiträume lagen bei diesen Wirkstoffen intermittierend bei maximal 3 bis 6 Monaten.

Die Gabe von COX-2-Hemmern wird nur dann empfohlen, wenn andere NSAR kontraindiziert oder trotz Magenschutz nicht vertragen werden. Die Anwendung von Coxiben vor oder unmittelbar nach chirurgischen Eingriffen sollte unterbleiben. Selektive Cox-2-Hemmer sind aufgrund des Fehlens relevanter Vorteile und bei einem vergleichbaren Risikoprofil Mittel der zweiten Wahl.

gastrointestinalen Komplikationen
Alle NSAR erhöhen das Risiko von gastrointestinalen Komplikationen, am geringsten fällt diese Erhöhung unter Coxiben und Diclofenac aus, am höchsten unter Ibuprofen und Naproxen. Die parallele Gabe eines Protonenpumpenhemmers zu NSAR sollte prophylaktisch nur bei folgenden Patienten mit erhöhtem gastrointestinalen Risiko erfolgen:  

• Alter über 65 Jahre
• Bekannte Ulkus-Krankheit (H.p.-Infektion)
• Gastrointestinalen Blutungen oder Erkrankungen (z.B. Colistis Ulcerosa oder Morbus Crohn)
• Komedikation mit Kortikoiden, Antikoagulatien, Acetylsalicylsäure oder Antidepressiva vom SSRI Typ
• Alkoholabusus und –abhängigkeit
• Schwere Komorbidität, z.B. rheumatoide Arthritis

Nichtsaure antipyretische Analgetika

Paracetamol kann bei der Behandlung von leichten bis mittelstarken Schmerzen bei degenerativen Gelenkerkrankungen unter Einhalten von Kontraindikationen, Anwendungsbeschränkungen und Tageshöchstdosen initial eingesetzt werden. Die Wirksamkeit in der Behandlung des akuten Kreuzschmerzes gilt als fraglich. So ergab auch eine aktuelle, randomisierte, doppelblinde Studie zur Wirksamkeit von Paracetamol bis 4 g pro Tag beim akuten Rückenschmerz in der Kurzzeitbehandlung über vier Wochen hinweg bezüglich der Schmerzlinderung keinen signifikanten Unterschied zu einer Placebotherapie. Es besteht das Risiko der Paracetamol-Intoxikation insbesondere bei Lebererkrankungen, Alkoholismus, Unterernährung. Ein erhöhtes gastrointestinales Risiko besteht bei Komedikation mit einem NSAR bzw. auch bei Monotherapie sind kardiovaskuläre Nebenwirkungen wie Blutdruckerhöhung und Herzinfarkte zu berücksichtigen.
Bei einer Therapie mit ASS zur Thrombozytenhemmung ist zu beachten, dass Ibuprofen, Metamizol oder hochdosiertes Naproxen nach derzeitigem Kenntnisstand für eine mittel- bis langfristige Therapie als ungeeignete Analgetika anzusehen sind. Paracetamol ist in dieser Hinsicht unproblematisch.

Metamizol hat auch in oraler Form eine enge Zulassung für Kinder und Erwachsene. Es ist zugelassen zur Behandlung akuter starker Schmerzen nach Verletzungen oder Operationen, Koliken, Tumorschmerzen, sowie sonstiger akuter oder chronischer starker Schmerzen, soweit andere therapeutische Maßnahmen nicht indiziert sind.
Parallel zu den in den letzten Jahren stetig steigenden Verordnungen hat auch die Zahl der bei der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) erfassten Verdachtsberichte von Agranulozytosen unter Metamizol zugenommen. Das Agranulozytoserisiko wird derzeit auf 1:1.500 geschätzt, in der Fachinformation des Herstellers wird die Häufigkeit der Agranulozytose mit weniger als 1:10.000 angegeben. Die Mortalität der berichteten Fälle ist mit 5-10 % hoch. Ein weiteres Risiko ist die im Rahmen eines anaphylaktischen Geschehens auftretende Hypotonie. Beide schweren Hauptrisiken treten zwar insbesondere nach parenteraler Applikation auf, dennoch muss prinzipiell bei jeder Darreichungsform damit gerechnet werden.  Somit ist der Stellenwert des Arzneimittels nicht in der Erstlinientherapie von chronischen Nicht-Tumorschmerzen zu sehen.

Lokal wirksame Agentien

Topisches Diclofenac in Salben- oder Gelform führt in anwendungsnahen Körperregionen durchaus zu wirksamen Konzentrationen. Allerdings ist die Wirkung zeitlich begrenzt. Nach Anwendung über 14 Tage hinaus scheint kein klinisch relevanter Effekt mehr nachweisbar. Die Ausführungen zur Verordnungsfähigkeit zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung sind zu beachten.

Capsaicin-Creme ist verschreibungsfrei erhältlich. Einzig das hochteure 8 % konzentrierte Capsaicin-Pflaster ist verschreibungspflichtig und damit zulasten der GKV verordnungsfähig. Dieses ist zugelassen zur Behandlung von peripheren neuropathischen Schmerzen bei Erwachsenen. Das Arzneimittel kann als Monotherapie oder in Kombination mit anderen Arzneimitteln gegen Schmerzen angewendet werden.
In methodisch hochwertigen Leitlinien sowie in einen aktuellen systematischen Review der Internationalen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (IASP) wird der Stellenwert von topisch appliziertem Capsaicin 8% primär in der Behandlung des postherpetischen Schmer-zes und der HIV-assoziierten peripheren Neuropathie gesehen. Ansonsten gilt das Capsaicin-Pflaster beim neuropathischen Schmerz nicht als Mittel der 1. Wahl. Es ist dann eine Therapieoption, wenn First-Line-Arzneimittel wie Nicht-Opioidanalgetika, Antidepressiva, Calciumkanalblocker/Antiepileptika oder schwache Opioide nicht wirksam oder kontraindi-ziert sind.

Kombinationspräparate

Allgemein gilt, dass Kombinationspräparate aus Nicht-Opioid-Analgetika mit Koffein, Benzodiazepinen oder Muskelrelaxantien nicht indiziert sind. Sie bergen die Gefahr von Missbrauch und Abhängigkeit.


zur ausführlichen Druckversion mit Quellenangaben