Bundesweite Praxisbesonderheiten

Für einige Arzneimittel haben der GKV-Spitzenverband und die jeweiligen pharmazeutischen Unternehmer im Anschluss an die frühe Nutzenbewertung eine bundesweite Praxisbesonderheit nach § 130b SGB V vereinbart. Es ist vorgesehen, dass Verordnungen dieser Arzneimittel von der Prüfungsstelle bei den Wirtschaftlichkeitsprüfungen als Praxisbesonderheiten zu berücksichtigen sind, sofern der Arzt im Einzelfall die dafür vereinbarten Anforderungen an die Verordnung (z.B. Art der Vorbehandlung, Grunderkrankung) eingehalten hat. Die Anerkennung als Praxisbesonderheit erfolgt meist nicht über den gesamten Zulassungsbereich des Arzneimittels. Die Anerkennung als Praxisbesonderheit gilt weiterhin nicht bei der Anwendung außerhalb der gesetzlich bestimmten Bedingungen im Rahmen eines nicht bestimmungsgemäßen Gebrauchs („Off- Label-Use“).
Beachten Sie dazu folgende Hinweise:

Brilique
Ticagrelor (Brilique®)
, gleichzeitig eingenommen mit Acetylsalicylsäure (ASS), ist zugelassen zur Prävention atherothrombotischer Ereignisse bei erwachsenen Patienten mit

  1. akutem Koronarsyndrom (acute coronary syndrome, ACS) oder
  2. einem Myokardinfarkt (MI) in der Vorgeschichte und einem hohen Risiko für die Entwicklung eines atherothrombotischen Ereignisses.

Geltungsbereich als Praxisbesonderheit (seit dem 01.01.2012) in den Anwendungsgebieten mit Zusatznutzen laut G-BA Beschluss vom 15.12.2011:

  1. Instabile Angina pectoris (IA)/Myokardinfarkt ohne ST-Strecken-Hebung (NSTEMI) 
  2. Myokardinfarkt mit ST-Strecken-Hebung (STEMI), perkutane Koronarintervention, 
    sofern entweder
    - ­Patienten ≥ 75 Jahre, die nach einer individuellen Nutzen-Risiko-Abwägung nicht für eine Therapie mit Prasugrel + ASS infrage kommen, oder
    - Patienten mit transitorischer ischämischer Attacke oder ischämischem Schlaganfall in der Anamnese.

Die Dokumentation sollte beinhalten: genaue Diagnose (siehe Geltungsbereich Praxisbesonderheit), Anwendung zusammen mit ASS
Quelle: Anlage 1 zur Vereinbarung nach § 130b Abs. 1 Satz 1 SGB V zwischen der AstraZeneca GmbH und dem GKV-Spitzenverband zum Arzneimittel Brilique® (Wirkstoff: Ticagrelor)

Entresto
Sacubitril/ Valsartan (Entresto®)
 ist zugelassen bei erwachsenen Patienten mit symptomatischer, chronischer Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion.

Geltungsbereich als Praxisbesonderheit (seit dem 17.03.2017) in den Anwendungsgebieten mit Zusatznutzen laut G-BA Beschluss vom 16.06.2016:
Patienten mit symptomatischer, chronischer Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion, die zuvor mit einem ACE-Hemmer oder einem AT1-Rezeptorblocker vorbehandelt worden sind.

Patienten mit symptomatischer, chronischer Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion, die zuvor nicht mit einem ACE-Hemmer oder einem AT1-Rezeptorblocker (ggf. in Kombination mit einem Betablocker und/oder Aldosteronantagonisten) vorbehandelt worden sind, wurden in der Zulassungsstudie PARADIGM-HF nicht untersucht. Die Verordnungen von Entresto® (Wirkstoff Sacubitril/Valsartan) bei diesen Patienten sind somit nicht von der Praxisbesonderheit umfasst.

Die Dokumentation sollte beinhalten: genaue Diagnose (siehe Geltungsbereich Praxisbesonderheit), Angaben zur Vorbehandlung (Vortherapie mit ACE-Hemmer oder AT1-Blocker ist obligat).
Quelle: Anlage 1 zur Vereinbarung nach § 130b Abs. 1 Satz 1 SGB V zwischen dem GKV-Spitzenverband und der Novartis Pharma GmbH zum Arzneimittel Entresto® (Wirkstoffkomplex: Sacubitril/Valsartan)

Jardiance
Empagliflozin (Jardiance®)
 ist zugelassen bei Erwachsenen mit nicht ausreichend behandeltem Typ-2-Diabetes mellitus als Ergänzung zu Diät und Bewegung

  1. als Monotherapie, wenn Metformin aufgrund einer Unverträglichkeit als ungeeignet erachtet wird oder
  2. zusätzlich zu anderen Arzneimitteln zur Behandlung von Diabetes.

Geltungsbereich als Praxisbesonderheit (seit dem 30.01.2017) in den Anwendungsgebieten mit Zusatznutzen laut G-BA Beschluss vom 01.09.2016:
Die Praxisbesonderheit gilt ab dem 01.01.2017 ausschließlich bei Erwachsenen mit Typ-2-Diabetes mellitus und manifester kardiovaskulärer Erkrankung.

Die Praxisbesonderheit umfasst die Verordnung von Empagliflozin in folgenden Therapiesituationen:

  • In Kombination mit einem anderen blutzuckersenkenden Arzneimittel (außer Insulin), wenn dieses den Blutzucker zusammen mit einer Diät und Bewegung nicht ausreichend kontrolliert.
  • In Kombination mit mindestens zwei anderen blutzuckersenkenden Arzneimitteln, wenn diese den Blutzucker zusätzlich zu Diät und Bewegung nicht ausreichend kontrollieren.
  • In Kombination mit Insulin (mit oder ohne orales Antidiabetikum).

Vor Beginn einer Behandlung mit Empagliflozin muss daher das Vorliegen einer manifesten kardiovaskulären Erkrankung im Sinn der EMPA-REG-Outcome Studie festgestellt sein. 

Zusammengefasst umfasst dies mindestens eine der folgenden Bedingungen:

  • bestätigter Myokardinfarkt oder
  • klinisch relevante koronare Eingefäßerkrankung mit ≥ 50% Stenose oder
  • koronare Mehrgefäßerkrankung oder
  • instabile Angina Pectoris mit angiografischem Nachweis einer koronaren Herzerkrankung oder
  • ischämischer oder hämorrhagischer Schlaganfall oder
  • periphere arterielle Verschlusserkrankung mit klinischer relevanter Durchblutungsstörung.

Die Dokumentation sollte beinhalten: genaue Diagnosen (siehe Geltungsbereich),antidiabetische Begleittherapie bzw. antidiabetische Vortherapie oder Kontraindikation auf Metformin
Quelle: Anlage 1 zur Vereinbarung nach § 130b Abs. 1 Satz 1 SGB V zwischen dem GKV-Spitzenverband und der Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG zum Arzneimittel Jardiance® (Wirkstoff: Empagliflozin)