3. Therapieoptionen

Nach dem Schmerzassessment sollten mit dem Patienten konkrete Therapieziele und ein darauf abgestimmter konkreter individueller Behandlungsplan definiert und schriftlich fixiert werden. Eine strukturierte Patientenführung ist erforderlich. Dies beinhaltet die regelmäßige Wiedereinbestellung des Patienten und die Evaluation der begonnenen Therapie, um unkontrollierte Therapieabbrüche oder auch nicht-kompensierte Schmerzexazerbationen zu verhindern. Die Schmerztherapie stellt eine multimodale Therapieform dar. Sie beinhaltet, abgestimmt auf den Einzelfall, folgende Therapieoptionen:
 

3.1 Psychosoziale Umfeldtherapie

Diese umfasst Maßnahmen der Patienten - „Edukation“ und bei entsprechenden Anhaltspunkten die Beurteilung und ggf. die Anpassung des beruflichen Umfeldes.
Kommt es im Verlauf der schmerztherapeutischen Behandlung nach sechs Monaten zu keiner nachweisbaren Verbesserung der Beschwerdesymptomatik, soll der Arzt prüfen, ob der Patient von einer psychiatrischen bzw. psychotherapeutischen Mitbehandlung profitiert. 
Dies ist durch Dokumentation der weiterführenden Maßnahmen zu belegen.
 

3.2 Heilmittel: Physikalische Therapie

Bei chronischen Schmerzen steht vor allem die Bewegungstherapie bei einer multimodalen Schmerztherapie im Vordergrund. Auf passive Maßnahmen wie z. B. Massagen sollte weitestgehend verzichtet werden. Für die Anwendung von Massagen beim akuten Schmerz gibt es aus der Literatur keinen Wirksamkeitsnachweis. Zusätzlich wird durch diese Art der Therapie die Passivität der Patienten gefördert und somit das primäre Behandlungsziel der Aktivierung gefährdet [4].

Zu den Bewegungstherapien gehören nach der Heilmittelrichtlinie des gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) auszugsweise Chirogymnastik, allgemeine Krankengymnastik (KG), Gerätegestützte KG (KG-Gerät), Manuelle Therapie, sowie die standardisierte Kombinationen von Maßnahmen der Physikalischen Therapie.
Hierbei ist zu beachten, dass standardisierte Heilmittelkombinationen – geregelt in §§12 Absatz 4 bis 6 und § 25 HeilM-RL - nur bei vorliegenden komplexen Schädigungen mit intensiverem Heilmittelbedarf bei folgenden Diagnosegruppen verordnet werden können:

  • WS – Wirbelsäulenerkrankungen, bei Schädigung der Bewegungssegmente bzw. der Muskelfunktion
  • EX - Erkrankungen der Extremitäten und des Beckens, bei Schädigung der Gelenkfunktion (einschließlich des zugehörigen Kapsel-Band-Apparates und der umgreifenden Muskulatur) bzw. der Muskelfunktion  

Achtung: (bei der Diagnosegruppe CS (Chronifiziertes Schmerzsyndrom) sind standardisierte Heilmittelkombinationen nicht verordnungsfähig)

Die Vorgaben zur Verordnungsfähigkeit von Heilmitteln zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind auch für den Bereich der Schmerztherapie im Heilmittelkatalog zur Heilmittelrichtlinie übersichtlich dargestellt. Die Verordnungen sind in jedem Fall differenziert zu dokumentieren. Es ist sinnvoll neben der Diagnose auch die Symptomatik der Erkrankung zu beschreiben. Die Diagnose als ICD-10-Code ist hierbei verpflichtend auf den Heilmittelverordnungen anzugeben (ICD-10-Code: R52.1; R52.2). Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund zu beachten, dass Heilmittelverordnungen bei definierten Diagnosen gem. Anhang 1 zur Anlage 2 der Rahmenvorgaben nach § 106b Abs. 2 SGB V bzw. in der Anlage 2 der Heilmittel-Richtlinie unter Angaben derselben als Praxisbesonderheit bzw. Langfristverordnung anerkannt werden. Näheres hierzu kann aus der Heilmittel-Sonderausgabe Besondere Verordnungsbedarfe / Langfristverordnung Neuauflage 2025 des Verordnungsforums der Kassenärztlichen Vereinigung BW entnommen werden. 
Der Heilmittelkatalog sieht bei vielen Diagnosegruppen als Ziel der Therapie vor, dass der Patient ein Eigenübungsprogramm erlernt. So sollte der Patient auch zur Durchführung einer kontinuierlichen Bewegungstherapie in Eigenverantwortung angehalten werden [5]. Dazu können z.B. Walking, Wassergymnastik, Pilates oder Yoga zählen. Entsprechende Gesundheitskurse sind oftmals Satzungsleistungen vieler Krankenkassen, so dass Kurskosten teilweise oder vollständig von der jeweiligen Krankenkasse übernommen werden können.

3.3 Alternative Heilmethoden

In kontrollierten randomisierten Studien zeigte sich unter Akupunktur eine inkonsistent, jedoch immer wieder kurzfristige Schmerzbesserung bei Patienten mit chronischem Rückenschmerz oder Osteoarthrose – lediglich die Körperakupunktur fällt als genehmigungspflichtige alternative Heilmethode unter die Leistungspflicht der GKV.

Die Körperakupunktur mit Nadeln ohne elektrische Stimulation ist eine genehmigungspflichtige Leistung für bestimmte Facharztgruppen, die bei chronisch schmerzkranken Patienten für folgende Indikationen mit den GOP 30790 und 30791 abrechnungsfähig ist: 

  • Chronische Schmerzen der Lendenwirbelsäule, die seit mindestens 6 Monaten bestehen und gegebenenfalls nicht-segmental bis maximal zum Kniegelenk ausstrahlen (pseudoradikulärer Schmerz)
  • Chronische Schmerzen in mindestens einem Kniegelenk durch Gonarthrose, die seit mindestens 6 Monaten bestehen
    Weitere alternative Heilmethoden, wie beispielsweise die Osteopathie, stellen primär keine Leistungspflicht der GKV dar, es sei denn die betreffende Heilmethode ist eine Satzungsleistung der jeweiligen Krankenkasse. 

3.4 Nicht- medikamentöse Therapie

Einer medikamentösen Therapie des nicht-tumorbedingten Schmerzes sollte, wenn immer möglich, eine nicht-medikamentöse Therapie voran gehen und in jedem Falle durch diese unterstützt und begleitet werden [2].