Behandlung der Psoriasis vulgaris bei Erwachsenen
Psoriasis vulgaris ist eine häufige, fast immer chronisch verlaufende entzündliche Erkrankung, von der in Deutschland jährlich etwa 2 Millionen Menschen betroffen sind.
Die klinische Ausprägung der Psoriasis ist variabel. Die Auswahl der Therapie orientiert sich am Schweregrad, der Lokalisation („sensitive Areale“), möglichen Komorbiditäten (z.B. Psoriasis-Arthropathie), der Lebensqualität und den Präferenzen der betroffenen Patientinnen und Patienten.
Zur Schweregradbestimmung stehen etablierte Verfahren zur Verfügung. Die gängigsten sind
- die Abschätzung der betroffenen Körperoberfläche in Prozent mittels BSA (Body Surface Area)
- die Bestimmung des Schweregrades mittels PASI (Psoriasis Area and Severity Index) oder
- PGA (Physician’s Global Assessment)
- der DLQI (Dermatology Life Quality Index) zur Ermittlung der hautbezogenen Lebensqualität
Eine standardisierte Erfassung dieser Indizes dient neben der Einschätzung des Schweregrades auch der Verlaufskontrolle einer topischen und insbesondere einer systemischen Therapie.
Die Deutsche Gesellschaft für Dermatologie stellt zur Bestimmung des Schweregrades als Online-Service einen PASI Rechner zur Verfügung.

Quelle: von Kiedrowski et al. 2019
Eine exakte Kodierung nach ICD-10 mit der zusätzlichen Schlüsselnummer L40.7 ist eine notwendige Voraussetzung für die Durchführung einer indikationsgerechten systemischen Therapie. Bei Vorliegen einer Psoriasis-Arthropathie sollte eine Doppelcodierung mit z.B. ICD-10 M07.39 (Sonstige psoriatische Arthritiden, nicht näher bezeichnete Lokalisation) erfolgen.

Therapieziele sind die Symptomkontrolle, eine Reduktion des PASI und eine Verbesserung der Lebensqualität.
Gemäß der S3-Leitlinie der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft wird zur Behandlung der Psoriasis vulgaris bei leichtem Schweregrad, d.h. bei einem BSA (Body Surface Area) ≤ 10 % oder einem PASI ≤ 10, eine topische Therapie empfohlen. Eine Fototherapie (Balneofototherapie, orale PUVA, NB-UV-B), eine klassische systemische Therapie oder der Einsatz von Biologika sind bei der mittelschweren bis schweren Plaque-Psoriasis ab einem BSA > 10 % oder PASI > 10 indiziert.
Bei einem Einstieg in die systemische Therapie sollten initial konventionelle systemische Immuntherapeutika eingesetzt werden. Dazu gehören die Immunsuppressiva Methotrexat, Fumarsäureester und Ciclosporin. Zusätzlich zu der systemischen Therapie kann gegebenenfalls eine Kombination mit einer topischen Therapie erfolgen.
Methotrexat ist Mittel der Wahl bei schweren Formen der Psoriasis vulgaris und der Psoriasis arthropathica, insbesondere wenn ein rascher Wirkeintritt notwendig ist. Vor einer Behandlung ist der Patient über die potenziellen hepatotoxischen Risiken sowie die Teratogenität des Wirkstoffs aufzuklären. Eine Schwangerschaft sollte während der Behandlung mit Methotrexat und in den ersten 6 Monaten nach Absetzen des Medikamentes sicher verhütet werden. Absolute Kontraindikationen für eine Methotrexattherapie stellen Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile, schwere und/oder bestehende aktive Infektionen, Stomatitiden oder Ulzera des Magen-Darm-Trakts, schwere Nierenfunktionsstörungen, ausgeprägte Leberfunktionseinschränkungen, vorbestehende Erkrankungen des blutbildenden Systems, Immundefizienz, erhöhter Alkoholkonsum, alkoholbedingte Lebererkrankung oder anderen chronischen Lebererkrankungen dar.
Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V. stellt auf ihrer Internetseite Merkblätter für Ärzte und Patienten, unter anderem für die Therapie mit Methotrexat, zur Verfügung.
Fumarsäureester (Gemische aus Fumarsäuredimethylester und Fumarsäuremonoethylester) sind zugelassen für die Behandlung der mittelschweren bis schweren Formen der Psoriasis vulgaris und eignen sich insbesondere für die Langzeittherapie. Für die Psoriasis arthropathica besteht keine Zulassung. Für Dimethylfumarat als Einstoffpräparat (Skilarence®) konnte in der Nutzenbewertung nach § 35a SGB V durch den Gemeinsamen Bundesausschuss aufgrund fehlender direkter oder indirekter Vergleichsstudien der Zusatznutzen bei mittelschwerer bis schwerer Psoriasis vulgaris zwar nicht belegt werden, jedoch wurde durch die eingereichte BRIDGE-Studie erstmals ausreichend valide dargestellt, dass Dimethylfumarat und Fumarsäureester bei mittelschwerer bis schwerer Psoriasis vulgaris eine Wirksamkeit besitzen. Absolute Kontraindikationen für eine Therapie mit Fumarsäureestern bzw. Dimethylfumarat stellen eine Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile, schwere Erkrankungen des Gastrointestinaltraktes sowie schwere Leber- oder Nierenfunktionsstörungen dar. Eine Fumarsäureesterbehandlung in der Schwangerschaft und Stillzeit sollte aufgrund der geringen Datenlage möglichst unterbleiben.
Für Ciclosporin, welches vor allem für eine rasche Linderung von Symptomen bei schwerer Psoriasis in Betracht kommt, gibt es erhebliche Einschränkungen. Dieses sollte möglichst nur intermediär zur akuten Intervention für maximal drei bis sechs Monate eingesetzt werden. Bei einer Langzeittherapie, spätestens nach ein bis zwei Jahren, ist vor allem wegen der Nephrotoxizität und der Blutdruckerhöhung und eines erhöhten Malignomrisikos die Indikation zur Fortsetzung der Therapie kritisch zu überprüfen. Absolute Kontraindikationen für eine Therapie mit Ciclosporin sind Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile, die Einnahme von Johanniskraut sowie die Einnahme von Arzneimitteln, die Substrate des Multidrug-Efflux-Transporter P-Glycoproteins oder organischer anionionentransportierender Polypeptide (OATP) sind und für die erhöhte Plasmakonzentrationen mit schweren und/oder lebensbedrohlichen Ereignissen verbunden sind, z.B. Bosentan, Dabigatran-Etexilat und Aliskiren.
Nach Ausschöpfen der konventionellen systemischen Therapieoptionen ohne ausreichenden Therapieerfolg oder bei Unverträglichkeiten oder Kontraindikationen kann eine Behandlung mit dem PDE-Antagonisten Apremilast eine Alternative sein. Dieses ist sowohl für die Behandlung der mittelschweren bis schweren chronischen Plaque-Psoriasis als auch bei Psoriasis-Arthritis zugelassen. Bei der Anwendung ist zu beachten, dass Apremilast mit einem erhöhten Risiko für psychiatrische Erkrankungen, wie Schlaflosigkeit und Depression, assoziiert ist. Per Rote-Hand-Brief wies der Anbieter im Herbst 2016 darauf hin, dass die Erfahrungen aus klinischen Studien und nach Markteinführung für einen kausalen Zusammenhang zwischen Apremilast und Suizidgedanken oder -verhalten sprechen.
Daneben steht eine Vielzahl von biologischen Therapien zur Verfügung. Hierbei gilt es zu differenzieren zwischen TNF-alpha-Hemmern und Interleukinhemmern. Die TNF-alpha-Hemmer Adalimumab und Certolizumab sind ebenso wie die Interleukinhemmer Brodalumab, Guselkumab, Ixekizumab, Risankizumab, Secukinumab und Tildrakizumab laut Fachinformation zugelassen bei Erwachsenen mit mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis, die für eine systemische Therapie in Frage kommen (siehe auch „Bundesweite Praxisbesonderheiten“ und „Verordnung von Biosimilars“). Der Einsatz teurer Biologika im First-Line-Status ist jedoch nur gerechtfertigt, wenn der Einsatz der konventionellen First-Line-Therapeutika keine relevante Erreichung der Therapieziele bei schwerstbetroffenen Patienten erwarten lässt. Gemäß den allgemeinen Grundsätzen des wirtschaftlichen Verordnens sollte immer das preiswertere Präparat – in diesem Fall konventionelle systemische Immuntherapeutika - eingesetzt werden, wenn der gleiche Nutzen bei gleichem Risikopotenzial zu erwarten ist.
Die TNF-alpha-Hemmer Etanercept und Infliximab, sowie der Interleukinhemmer Ustekinumab stehen lediglich für die Second-Line-Therapie der mittelschweren bis schweren Plaque-Psoriasis zur Verfügung. Sie sind nur indiziert nach Ausschöpfen der konventionellen systemischen Therapieoptionen ohne ausreichenden Therapieerfolg oder bei Unverträglichkeiten oder Kontraindikationen.
Darüber hinaus wurde bei Certolizumab, Etanercept, Infliximab, Ixekizumab, Secukinumab und Ustekinumab die Indikation inzwischen auf die Behandlung der Psoriasis-Arthritis erweitert.
Bei der Beurteilung des Therapieansprechens ist die unterschiedliche Dauer der Induktionsphase zu beachten. Für schnell wirkende Medikamente (z.B. Secukinumab) sollte die Überprüfung des Erreichens von Therapiezielen am Ende der Induktionstherapie nach zehn Wochen, bei Medikamenten mit langsam einsetzender Wirkung (z.B. Etanercept oder Fumarsäureester) nach 16 bis 24 Wochen erfolgen. Wird nach der Induktionsphase keine mindestens 50-prozentige Reduktion des PASI -Scores erreicht, sollte eine individuelle Therapieoptimierung - durch Dosissteigerung, Einleitung einer Kombinationstherapie oder auch durch das Umsetzen auf ein anderes Medikament - stattfinden. In Bezug auf die Lebensqualität kann der DLQI zur Definition von Therapiezielen herangezogen werden. Anzustreben ist unter der Therapie möglichst ein DLQI von 0 oder 1, der anzeigt, dass keine Beeinträchtigung der Lebensqualität durch die Hauterkrankung (mehr) vorliegt. Bei einem DLQI > 5 bei einem PASI ≥ 50 < 75 sollte ebenfalls eine individuelle Therapieoptimierung stattfinden. Die Beurteilung des Therapieansprechens ist patientenindividuell zu dokumentieren!

Quellen:
1. S3-Leitlinie: Therapie der Psoriasis vulgaris; Stand: 10/2017
2. von Kiedrowski R, Dirschka T, Krähn-Senftleben G, Kurzen H, Ostendorf R, Quist SR, Reinhold U,
Sebastian M, Termeer C. Empfehlungen für die ambulante Versorgung von Psoriasis vulgaris-
Aktualisierter praxisnaher Behandlungspfad. Der Deutsche Dermatologe 2019; 9 (Suppl.) 1-24
3. Wirkstoff aktuell der KBV zu Apremilast; Stand: 4/2016
4. Fachinformationen der Arzneimittel; Stand: 03/2020