4.6 Sonderprodukte und -verfahren
4.6.1 Silberhaltige Wundauflagen
Silber besitzt ein sehr breites antimikrobielles Wirkspektrum, es umfasst auch multiresistente Keime und Pilze. Silber-Kationen bilden Komplexe mit Proteinen und führen durch Zerstörung von Zellmembranen und Enzymsystemen zum Absterben von Mikroorganismen. Die Produkte sind sehr unterschiedlich in Bezug auf Silberform und –menge.
Ein klarer wissenschaftlich belegter klinischer Nutzen fehlt, die Anwendung erfolgt dennoch in der Praxis regelmäßig insbesondere bei ausgedehnter bakterieller Besiedlung. Da Resistenzentwicklung möglich ist und eventuell die Wundheilung gehemmt wird, sind silberhaltige Produkte entbehrlich. Jedenfalls soll die Anwendung auf zwei bis drei Wochen begrenzt werden.
4.6.2 Ibuprofen-haltige Wundauflagen
Derzeit gibt es keine signifikanten Studienergebnisse zu Nutzen oder Schaden von Ibuprofen in Wundauflagen. Bei schmerzenden Wunden sind andere Möglichkeiten der Schmerzreduktion zu prüfen: Ausreichende Befeuchtung der Wunde, ursächliche Therapie (z. B. Kortikoidtherapie bei Pyoderma gangraenosum, Revaskularisation bei ischämischer Genese der Wunde).
4.6.3 Polyhexamethylenbiguanid-(PHMB-)haltige Wundauflagen
Belastbare Daten, aus denen sich Empfehlungen ableiten ließen, existieren derzeit nicht.
4.6.4 Kollagenhaltige Wundauflagen
Auch für Kollagenpräparate oder Hyaluronsäure gibt es derzeit keine Beweise für eine Verbesserung der Wundheilung.
4.6.5 Silikon
Wundauflagen mit Silikon sind besonders gut verträglich, da sie sich schmerzarm ohne Verletzung von Wunde oder Wundumgebung entfernen lassen. Sie bestehen aus einer synthetischen Verbindung langkettiger Polymere. Es werden reine Wundkontaktauflagen (Silikongitter, Sekundärverband erforderlich) und Silikon beschichtete Schaumstoffverbände unterschieden. Beide sollen bei Patienten mit empfindlicher Haut und/oder deutlich schmerzhaften Verbandwechseln eine Verbesserung der Lebensqualität bringen.
4.6.6 Aktivkohle
Aktivkohle besitzt eine große Oberfläche (>1000 m²/g) und dadurch eine hohe Absorptionsfähigkeit für Sekret, Bakterien und auch für biogene Amine. Diese Amine entstehen bei der bakteriellen Eiweißzersetzung und sind für die teilweise sehr intensive Geruchsbildung verantwortlich. Hauptindikation zum Einsatz von Aktivkohlekompressen ist der unangenehme Geruch aus gangränösen Höhlen wie z. B. bei tiefen Dekubitalulcera im Sakralbereich oder ulzerierten Karzinomwunden.
4.6.7 DACC (Dialklylcarbamoylchlorid)
Wundauflagen mit DACC-Beschichtung binden durch hydrophobe Wechselwirkungen Bakterien und Pilze rein physikalisch. Es existieren derzeit keine belastbaren Daten, aus denen sich Empfehlungen ableiten ließen.
4.6.8 Honig und Produkte mit dem Bestandteil Honig
Vor allem durch die hohe Zuckerkonzentration entfaltet medizinischer Honig seine osmotische Wirkung in der Wunde. Dadurch wird der pH-Wert gesenkt und ein antibakterieller Effekt erreicht. Durch viele weitere Inhaltsstoffe werden antimikrobielle und entzündungshemmende Eigenschaften postuliert. Cochrane Reviews allerdings zeigen keinen Behandlungsvorteil bei DFS oder UCV, aber signifikant mehr Schmerzen.